Aktuelles vom Stadtverband: Böllerei an Silvester - Ein überflüssiges Relikt

  • Veröffentlicht am: 18. Dezember 2020 - 16:57

Feuerwerk

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Böllerei an Silvester- Ein überflüssiges Relikt

Von Eva Vögtle und Greta Garlichs

Das Hin und Her um das Böllerverbot ist ein weiterer Tiefpunkt im Umgang mit den Bürger*innen in der Pandemie. Ein Verkaufsverbot von Pyrotechnik und das Verbot des Abfeuerns jeglichen Feuerwerks hätte frühzeitig und vorausschauend entschieden und rechtlich auf sichere Füße gestellt werden müssen. Nun wurde das Böllerverbot vom Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gekippt, da die Große Koalition das Verbot als Infektionsschutzmaßnahme begründet hat. Das Urteil ist nicht anfechtbar. 

Wir fordern, auch langfristig neue Wege einzuschlagen, wie wir Silvester feiern und zukünftig private Böllerei das sein zu lassen, was sie ist: Ein Relikt aus vergangenen Jahren, das wir in Hannover nicht mehr brauchen. So schön ein Feuerwerk leuchten mag, es gibt auch viel Schatten: Ein hohes Risiko schwerer Verletzungen der Arbeiter*innen bei der Herstellung, Kinderarbeit in der Produktion, gesundheitliche Schädigungen wie Verbrennungen, Augenverletzungen und Hörschädigungen, eine Gefährdung der Gesundheit durch Feinstaub. Dazu kommen der Eintrag von Plastik in die Umwelt, enorme Müllmengen, verängstigte Haustiere, ökologische Schäden und die Störung von Wildtieren sowie Sachschäden an Fahrzeugen und Gebäuden. 

In diesem Jahr stehen die Verhinderung einer zusätzlichen Belastung der Notfallambulanzen und weiterer Corona-Infektionen im Vordergrund. Langfristig gilt: Indirektere aber mitunter ebenso schwerwiegende gesundheitliche Probleme werden durch den beim Abfeuern der Feuerwerkskörper entstehenden Feinstaub verursacht. Bei Feinstaub handelt es sich um kleinste Teilchen die je nach Größe nicht nur tief in Lunge und Bronchien, sondern auch ins Blut gelangen und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems hervorrufen können. Angereichert mit Schwermetallen aus den bunten Raketen, gefährdet Feinstaub die Gesundheit massiv; was vor allem für an Covid-19 Erkrankte und Asthmatiker gefährlich werden kann. 

Hohes Risiko bei der Herstellung

Hohes Risiko an Asthma und Tuberkulose zu erkranken haben auch Arbeiter*innen in der manuellen Feuerwerksproduktion als Folge des direkten Kontakts mit chemischen Substanzen wie Schwefel, Schwarz- und Aluminium-Pulver. Zudem kommt es bei der überwiegend in China und Indien ansässigen manuellen Produktion von Feuerwerkskörpern jedes Jahr zu vielen Schwerverletzten und Toten, ein beträchtlicher Teil davon sind Kinder. Laut Aktiv gegen Kinderarbeit arbeiten allein in Indien circa 70.000 Kinder in der Feuerwerksindustrie, teilweise sind sie erst fünf Jahre alt, die Zehn- bis Zwölfjährigen arbeiten bis zu 13 Stunden am Tag – sechs Tage die Woche. Durch den Kauf von Feuerwerkskörpern ist es sehr wahrscheinlich, dass solche Produktionsverhältnisse aufrechterhalten werden, denn 97 Prozent der weltweit vertriebenen Feuerwerkskörper stammen aus Indien und China.

Ein oft gehörter aber deshalb nicht minder wichtiger Appell lenkt die Aufmerksamkeit auf die Tiere. Durch einen Verzicht aufs Böllern bliebe Haustieren, ebenso wie Zoo- und Wildtieren, die alljährliche Panik zum Jahreswechsel erspart. Doch nicht nur die Tierwelt leidet. Auch für uns Menschen ist, neben den gesundheitlichen Aspekten, der Verzicht auf Böller ein echter Fortschritt. Für von Krieg traumatisierte Menschen und viele andere Bewohner*innen dieser Stadt ist die Silvesternacht eine Horrornacht. Es gibt schönere Bräuche als zwei Minuten Schall und Rauch mit enormen Belastungen für Mensch und Natur.

Ein wahres Fest wäre es, wenn wir in Zukunft Silvester feiern, ohne die Gesundheit so vieler rund um den Globus zu gefährden und ohne unsere Umwelt so stark zu belasten. Wir haben in diesem Jahr bereits gezeigt, dass durch Rücksichtnahme aufeinander so viel erreicht werden kann, trotz Corona-Leugner*innen und Verschwörungstheorien. Lasst uns auch weiter Verantwortung übernehmen für Mensch und Natur!